09. September 2018
Dorothee Vögeli schreibt in der NZZ
Suizidhilfe auch für Gesunde?
Zürcher Sterbehilfeverein erhält in Lausanne keine Klärung
Mit seiner Forderung, auch
gesunden Menschen Suizidhilfe
zu gewähren, ist ein Verein in
Lausanne abgeblitzt. Die
Vorinstanz sei zu Recht nicht
inhaltlich darauf eingetreten,
sagt das Bundesgericht.
Suizidhilfe ist in der Schweiz erlaubt,
wenn sie nicht aus selbstsüchtigen Beweggründen
geschieht. Darüber hinaus
gibt es keine rechtliche Verbindlichkeit,
in welchen Fällen ein assistierter Suizid
gestattet ist.Aber es gibt ethische Richtlinien.
Kürzlich hat die Schweizerische
Akademie der Medizinischen Wissenschaften
(SAMW) ihre Empfehlungen
im Umgang mit Sterben und Tod revidiert.
Neu sollen nicht nur Menschen,
bei denen der Sterbeprozess bereits eingesetzt
hat, Suizidhilfe erhalten. Auch
Patienten, bei denen Krankheitssymptome
«Ursache unerträglichen Leidens
» sind, soll ein Arzt eine tödliche
Dosis des Betäubungsmittels Natrium-
Pentobarbital verschreiben dürfen. Voraussetzung
ist, dass der Patient urteilsfähig
ist.
Der «Verein echtes Recht auf Selbstbestimmung
» mit Sitz in Gossau will
diese Praxis auf gesunde Menschen ausweiten.
Aber weder die Behörden noch
die Gerichte sind bereit, sich mit der
Frage der Suizidhilfe für Gesunde zu befassen.
In einem am Freitag publizierten
Urteil stützt das Bundesgericht das Zürcher
Verwaltungsgericht, das eine materielle
Behandlung der Forderung des
Vereins abgelehnt hat. Gegenstand einer
«Feststellungsverfügung» – in der ein
Sachverhalt im Zentrum steht – kann gemäss
Bundesgericht nur ein konkreter
Fall sein. Hingegen sei es nicht möglich,
eine abstrakte Rechtslage amtlich festzustellen.
Das höchste Gericht weist deshalb
die Beschwerde ab.
Keine mündliche Verhandlung
Fünf Vereinsmitglieder sowie ein Arzt
hatten 2015 den kantonsärztlichen Dienst
ersucht, Ärzten das Verschreiben einer
tödlichen Dosis von Natrium-Pentobarbital
für gesunde Menschen zu erlauben.
Der kantonsärztliche Dienst trat jedoch
nicht auf das Gesuch ein. Daraufhin verlangten
die Vereinsmitglieder und der
Arzt von der Gesundheitsdirektion, sie
soll die Verfügung des kantonsärztlichen
Dienstes aufheben und ihr Anliegen behandeln.
Die Gesundheitsdirektion
lehnte den Rekurs ab, die Beschwerdeführer
zogen ihn ans Verwaltungsgericht
weiter.Auch dieses wies die Beschwerde
- Die Streitigkeit beschränke sich auf
verfahrenstechnische Fragen, weshalb
auf eine mündlicheVerhandlung verzichtet
werden könne, urteilte das Gericht.
Lange Verfahren problematisch
Laut den Lausanner Richtern hat die
Vorinstanz die Beschwerde zu Recht abgelehnt.
Als nachvollziehbar bezeichnen
sie jedoch die Bedenken der Beschwerdeführer
hinsichtlich der Verfahrensdauer.
Diese hatten geltend gemacht,
die lange Verfahrensdauer verunmögliche
es zum Beispiel, rechtzeitig
einen Platz in einem Pflegeheim zu
sichern. Wie das Bundesgericht festhält,
ist in Verfahren, die im Zusammenhang
mit der Beendigung des eigenen Lebens
stehen, dem Beschleunigungsgebot besonders
Rechnung zu tragen. Die Vereinsmitglieder
lassen nicht locker. Sie
reichen beim Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte in Strassburg eine
Beschwerde ein.
Urteil 2C_608/2017 des Bundesgerichts vom
- August 2018
Richtigstellung
In eigener Sache liegt es uns daran festzuhalten, dass ERAS KEIN Sterbehilfeverein ist, wie dies im Artikel angeführt ist.
ERAS setzt sich dafür ein, dass gesunde, urteilsfähige Menschen mit Sterbehilfe aus dem Leben scheiden dürfen. ERAS kämpft für ein RECHT. Für ein echtes Recht auf Selbstbestimmung.